Ist die Allergie eine Zivilisationskrankheit?
Die älteste Beschreibung von möglicherweise allergischem Asthma soll von einem chinesischen Kaiser um 2500 v.u.Z. stammen. Dagegen war bei den Ureinwohnern von Papua-Neuguinea allergisches Asthma unbekannt, bis die Missionare mit Wolldecken Milben importierten. Zivilisatorische Entwicklungen und Zunahme von Allergien können also zusammenhängen. Allergien auf Südfrüchte sind deshalb ein neues Phänomen, weil sie früher bei uns nicht erhältlich waren.
In der Schweiz wurde die Häufigkeit des Heuschnupfens schon lange gut untersucht. Man kann eine rasante Zunahme feststellen: 1926 war knapp ein Prozent betroffen, 1958 waren es fünf, 1985 zehn, und 1991 bereits vierzehn Prozent.
Ueber die Zunahme der Allergien gibt es verschieden Theorien, zB. dass die Luftverschmutzung und die moderne Zivilisation dafür verantwortlich sind, vor allem der westliche Lebensstil. Dazu gibt es eine interessante Untersuchung bei Kindern aus dem früheren Ost- und Westdeutschland. Man untersuchte den Einfluss von Luftverschmutzung und sozialen Bedingungen auf die Häufigkeit der Allergien. Aufgrund früherer Studienresultate hätte man erwartet, dass die DDR-Kinder mit der grösseren Luftverschmutzung häufiger Allergien hätten. Doch entgegen allen Erwartungen leiden die Ex-DDR-Kinder signifikant weniger an Allergien. Ihnen war gemeinsam, dass sie in den Kinderkrippen früh und häufig miteinander in Kontakt kamen und so - im Gegensatz zu den West-Kindern - vielen Infekterregern wie Bakterien ausgesetzt waren. Dadurch - so die Annahme - erwirbt das Immunsystem Orientierungskompetenz beim Erkennen von Freund und Feind. Es macht weniger Fehlinterpretationen, und damit weniger Allergien. Es ist also gerade das Zuviel an Sauberkeit und Behüten des westlichen Lebensstils, welche das Immunsystem unterfordert und damit der Möglichkeit beraubt, sich zu orientieren. Mögliches Ergebnis sind Fehlprogrammierungen im Immunsystem.